Prolog
Am Sonntag war ich in Augsburg wegen Play Me I’m Yours, als ich auf dem Rückweg vom Battle Baden in Karlsruhe war, wo ich als Judge für ein Freestyle Slalom Battle ausgeholfen hatte. Das Wetter war am Samstag für die Athleten hart und war froh, nicht wie früher unter solchen Bedingungen skaten zu müssen. Das Wetter blieb aber am Sonntag unbeständig und alle Klaviere blieben an diesem Tag zudeckt, obwohl es tendenziell trocken blieb. So lief ich also planlos und sinnierend durch Augsburg.
Als ich mich auf dem Weg zurück zum Auto machte, sah ich am Königsplatz zufällig jemanden, der mit Kreide auf den Boden eine Frage schrieb.
Was hat dich heute glücklich gemacht?
Alex
Heute hatte ich mit dem Wetter kein Glück. Ich sprach ihn einfach an und es ergab sich ein sehr interessantes Gespräch. Er macht eine schulische Ausbildung zum Logopäden. Wir gingen durch Augsburg spazieren und zeigte mir das Neruda nahe dem Dom. Leider war es geschlossen. Wir schauten zu einem weiteren abgedeckten Klavier vor dem Dom. Plötzlich tauchte ein weiterer Musiker auf, den ich schon dort vor ein paar Tagen getroffen hatte. Er kam mit E-Gitarre, Verstäcker und seinem Percussion Set. Sehr spontan ergab sich eine kleine Jam-Session mit meinem Yamaha PSS-A50 und Reface CP, welches ich dabei hatte. Als das Neruda später öffnete hatten wir dort noch eine schöne Zeit.
Glück gefunden!
Zufällig und unerhofft. Manchmal einfach trauen und ausprobieren.
Immer aktiv sein, das ist ganz wichtig!
Tobi Katze
Zufriedenheit als Basis
Glück ist ein flüchtiger Zustand und schwierig zu ergreifen. Glück ist eine sechs zu würfeln oder vielleicht eine eins, wenn man sie gerade braucht. Glück ist nur das Sahnehäubchen auf der Zufriedenheit. Und eigentlich ist Glück eher ein Zustandswechsel, wenn beispielsweise die Sonne nach einem heftigen Regenschauer sichtbar wird. Vor dem Regen haben wir die Sonne nicht die gleiche, subjektive Wertschätzung entgegen bringen können. Erst durch das “Unglück” können wir Glück erfahren. Aus Sicht einiges Musikers könnte man Regen und Sonne auch als Auflösung einer Dissonanz bezeichnen, was ein Stück überhaupt erst interessant macht.
Release of tension!
Es liegt in der Natur des Menschen stetig wachsen zu müssen, da es ein Plateu des Glückes per se nicht existieren kann.
Unzufriedenheit
Glück ist Unglück, was man nicht hat.
Eckart von Hirschhausen
Unzufriedenheit entsteht aus einem Mangel heraus, wenn die Grundbedürfnisse wie Essen, Schlaf, Unterkunft und soziale Interaktionen nicht erfüllt sind. (vgl. Maslowsche Bedürfnishierarchie)
Das Gratitude Journal von Kurzgesagt ist nett gemacht und habe ich ausprobiert. Mir fehlt jedoch die Spannung, wodurch ich es nicht konsequent ausfüllen kann. Dann doch lieber ein Blog. 🙂
Glück kommt selten allein
Eckart von Hirschhausen unterteilt Glück in fünf Bereiche. Das ist sehr fazinierend, den ursprünglich wären mir nur drei Arten von Glück eingefallen: Zufallsglück, sofortige Freude durch Dopamin und Lebensglück. Aber von Hirschhausen drittelt das Lebensglück ebenfalls. So gibt es das Glück durch Selbstüberwindung, den sog. Flow. Es entsteht durch Lernen, Wachsen und Sammeln von Erfahrung. (geistig und körperlich) Das Glück der Fülle ist als Zufriedenheit zu verstehen, wenn wir einfach den Moment genießen. Die letzte Form des Glücks entsteht durch Bindung und soziales Miteinander. Diese Form des Glücks ist meines Erachtens die schwierigste, weil wir es nicht selber in der Hand haben. Das haben wir beim Zufallsglück auch nicht, aber bei sozialen Interaktionen ist das anders. Deshalb ist Gruppenzugehörigkeit und Anpassbarkeit wichtiger als Wahrheit und Fakten, vgl. Warum wir Heuchler sind. Auch wenn der Blog Einzelgänger gerne das Gegenteil beweisen möchte, so ist unsere Spezies auf soziales Miteinander ausgelegt. Das ist unvermeidbar und es hat in der Geschichte gut genug funktioniert (trotz Kriege und Unterdrückung) um heute dort zu sein, wo die Menschheit heute steht.
Dem Glück auf die Sprünge helfen
Interview mit Eckart von Hirschhausen bei Sternstunde Philophie.
Wichtige Erkenntnis ist, sich Rituale “anzutrainieren”.
- Abends vor dem schlafen gehen
- Was war heute schön?
- Wofür bin ich heute dankbar/zufrieden?
- Morgens nach dem aufstehen
- Wofür stehe ich heute auf?
- In Stresssituationen Achtsamkeit üben
- Atmung wahrnehmen
- Gedanken vorbei ziehen lassen
- Umgebung observieren und auf Kleinigkeiten achten
- Jon Kabat-Zinn
- Humor kann helfen und entspannen
Glück in Maßen
Chemisch betrachtet wird beim Glückszustand Dopamin und Serotonin ausgeschüttet. Serotonin wird auch ausgeschüttet, wenn man sich zum Entspannen in die Sonne legt. Bestimmte Wirkstoffe wie Cocain, Nicotin, Alkohl aber auch Coffein erhöhen den Ausstoß des Aufputsch-Transmitters Dopamin und mitunter auch von Serotonin. Selbstverständlich sind Drogen schädlich und solche Zustände können ebenfalls mit gutem Essen erreicht werden, wenn auch nicht so intensiv. Dabei spielen die Faktoren Anblick, Geruch, Geschmack sowie Ambiente, Erwartung und Vorfreude eine große Rolle! “Runner’s High” beschreibt das Phänomen bei intensivem Sport treiben, speziell beim Joggen. Hier spielt das Erfüllen oder sogar Übertreffen der eigenen Erwartungen eine weitere Rolle.
Was nun, wenn es ohne Drogen oder selbstständige Anstrengungen es möglich wäre, ein permanent erfülltes Leben zu haben? Die kurz und knappe Antwort darauf lautet, dass zu viel Serotonin gleichgültig macht. Ein zu großer Überschuss an Dopamin führt zur Bessenheit, zu Machtrausch, Größenwahn und Irrsinn (Vgl. Bipolare Störung, auch treffender bezeichnet als manisch-depressive Störung).
Gerade die Kinderserie Spongebob gibt völlig unerwartet ein gutes Beispiel auf das Dilemma eines permanenten Zufriedenheitszustandes (Das Tentakel Paradies, 2. Staffel, Folge 36b). Thaddäus findet einen Ort der perfekten Harmonie, wo alle seine Sehnsüchte und Erwartungen erfüllt werden. Obwohl an diesem Ort alles perfekt ist, so wird er dort nach einiger Zeit wieder “depressiv”. Im fehlt ein gewissen Maß an Dissonanz (vgl. Musiktheorie). Also ein bisschen Regen, der den Sonnenschein so schön erscheinen lässt.
Der Film “Der Prinz aus Zamunda” mit Eddie Murphie nimmt die gesättigte Situation der Erfüllung als Aufhänger für die erzählte Liebesgeschichte, welche mit einer typischen Traum-Hochzeit im Hollywood-Stil endet. Hier sei Schoppenhauer zitiert, welcher sagte, der Vorhang muss fallen. Dramaturgisch ist die Geschichte zu Ende erzählt. Niemand wird sich für den langweiligen Ehe-Alltag interessieren, der sich spätestens nach drei Jahren einschleichen wird.
Daraus lässt sich folgern, dass Dissonanz und Disharmonie ebenso natürliche Bedürnisse sind. Ohne Spannung und Aufregung wäre das Leben ziemlich öde. Schließlich kann die eigene Persönlichkeit nur an Herausforderungen wachsen. Mit dieser Feststellung lässt sich gut zum Sinn des Leben überleiten.
Vorsicht vor Ideologien
Auf YouTube hat arte die Doku “Glücklichsein um jeden Preis” leider entfernt. Damit sind auch die Kommentare verloren. Dort fand sich folgender Kommentar:
Was wirklich Glücklich macht, ist ganz einfach zu erklären: “In erster Linie benötigt der Mensch ein gewisses Maß an Routine und eine feste Struktur, denn dies bietet ein Gefühl von Sicherheit. Dann benötigen wir Normen und Werte, an die wir Menschen uns orientieren können. Dann brauchen wir gelegentliche Abwechslung aus dieser Alltagsroutine z.B. eine neue Aufgabe, neue Begegnungen oder kleine Aktivitäten außerhalb der üblichen Routine, um daran zu reifen und daran wichtige Lernerfahrungen machen zu können. Hinzu benötigt der Mensch ein nährendes Umfeld, indem er neue positive Energie schöpfen kann und zwar körperlich, sowie geistig und auch seelig. Menschen brauchen aneinander, sie brauchen die Natur, ein gewisses Maß an Geborgenheit, Willenskraft und ein Fünkchen Glaube, an das Gute. Sprich, etwas Liebe und etwas Hoffnung!
Herscht hier irgendwo ein Mangel, dann ist es sehr schwierig, sich glücklich zu fühlen.
Kommentar von S.W.
Fallstricke und Anreize zur Besserung
Fallstricke (Annoying features)
- Bauchgefühle (Intuition)
Annahme, dass Erfolg und Wohlstand das Glück steigert. - Vergleiche (Reference Points)
Sich ständig mit anderen Menschen vergleichen. - Hedonische Tretmühle (Hedonic Adaptation)
Unbewusstes Selbstverständnis indem man sich an Umstände gewöhnt, z. B. “Wohlstand”. - Überbewertung von Zielen (Impact Bias)
Siehe auch: Liste kognitiver Verzerrungen
Anreize zur Besserung (Rewirements)
- Soziales Netzwerk (Social connection)
- Hilfsbereitschaft (Other-orientedness) wie durch gemeinnütziges Engagement
- Dankbarkeit (Gratitude) gegen das
- Bewusstes genießen (Savoring)
- Aktiv sein (Excercise)
Unter dem Strich ist es wichtig zu lernen, Gefühle bewusst wahrzunehmen und sie regulieren zu können. Vor allem müssen diese Ideen in einem kontinuierlichen Prozess gelernt werden. Sie kommen nicht von alleine und sind nicht sofort da.